Stadtarchiv Düsseldorf, “Tagebuch Willy Spatz” 1914-1919. 0-1-23-61.0000
Alle Scans zum Tagebucheintrag vom 21. Juli 1918
Willy Spatz (1861-1931) war Professor an der Kunstakademie Düsseldorf.
Sonntag, den 21. Juli.
[Artikel „Der amtliche Tagesbericht.“]
Die Vorahnung, daß unsere jüngste Offensive nicht unter einem günstigen Stern stände (um mich zart auszudrücken) hat uns nicht betrogen. Wir haben einen Teil unserer Erfolge wieder aufgeben müssen. Freilich drückt sich der Tagesbericht wieder sehr gewunden
aus. Er sagt: „Die glänzende Ausführung des abermaligen Uferwechsels über den breiten Strom (Marne), der unbemerkt vom Feinde vor sich ging, stellt eine neue und hervorragende Leistung der deutschen Führung und Truppe dar.“ – Das heißt doch mit anderen Worten, daß wir die über die Marne geschlagene Brücke nebst der Brückenkopfstellung an deren südlichem Ufer gezwungen waren, wieder aufzugeben. – Die starke feindliche Gegenoffensive, die als ein Durchbruchversuch bezeichnet wird, sei gescheitert, so heißt es weiterhin. – Ferner lesen wir, es bestätige sich, daß der Exzar ermordet sei. Ohne sonderliche innere Bewegung vernehmen wir die Nachricht, war es doch etwas, was wir schon lange erwarten mussten. – Was wir von etwaigen Friedensaussichten denken ist unschwer zu beantworten. – Sehr bemerkenswert ist die Wiedergabe einer Äußerung aus der Reichstagssitzung vom 3. Juli: „Wo ist der Mann im Bürgerrock, der den Mut und die Autorität hat, den Herren im Großen Hauptquartier zu sagen, daß sie sich einer Selbsttäuschung hingeben, wenn sie glauben, mit ihren Mitteln, allein den Frieden erzwingen zu können.“ – Ich glaube, es gibt sehr, sehr viele im Volke, die diese Ansicht teilen. –
Am Nachmittag fuhr ich mit meiner lb. Frau bis zum Mörsenbroicher Weg, wanderte über den in Jugendjahren so oft begangenem, vorbei an Villa Honigheim zur Fahnenburgstrasse, die ich so oft beging, wenn ich als Soldat zum Scheibenstand marschierte. Es galt meiner Schwester Lydia einen Besuch abzustatten, die von Mintard nach hier umgezogen war. Reizvoll ist ihre neue Wohnung gelegen, reizvoll hat sie sie sich hergerichtet, zumteil mit den ehemaligen Empire-Möbeln, auf denen wir als Kinder noch herumgeklettert waren. Es war so recht behaglich hier, besonders als ein Gewitterregen herunterging, der auf die Bäume des Aaper-Waldes platschte, in dessen Mitte die neue Wohnung, von Blumen umrankt liegt. –
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Stadtarchiv Düsseldorf (21. Juli 2018). 21. Juli 1918. 1914-1918: Ein rheinisches Tagebuch. Abgerufen am 5. November 2024 von https://doi.org/10.58079/cr9m