Stadtarchiv Düsseldorf, “Tagebuch Willy Spatz” 1914-1919. 0-1-23-59.0000

Alle Scans zum Tagebucheintrag vom 17. Juli 1917

Willy Spatz (1861-1931) war Professor an der Kunstakademie Düsseldorf.

Dienstag, den 17. Juli.

[Artikel „Der deutsche Tagesbericht.“]

Alles ist gespannt auf die erste für Donnerstag angekünd-

[Artikel „Seeflieger-Angriffe auf Convois.“ / Artikel „Russische Erkundungsabteilungen am St. Georgsarm vertrieben.“ / Artikel „Der türkische Tagesbericht.“]

igte Rede des neuen Kanzlers im Reichstag! Ueber den Kanzlerwechsel lesen wir in der Nationallib. Korresp.: „Von allen großen, kriegführenden Mächten hat Deutschland zuletzt eine politische Krisis erlebt. Aber nicht nur der Zeitpunkt, sondern auch die Natur der Krisis ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal. In England, Frankreich u. Italien sind die Ministerpräsidenten gefallen, weil die Kriegführung auch die bescheidensten Hoffnungen betrogen hat. (??) Nichts dergleichen in Deutschland. Wir haben im Laufe der nunmehr fast ganz abgelaufenen 3 Kriegsjahre einen militärischen Triumph nach dem andern erlebt. Wir haben aber fast ebenso lange unter den Mängeln u. unter dem Versagen der politischen Kriegführung schwer zu leiden gehabt. Es gibt heute in Deutschland niemand mehr, keine nennenswerte Zeitung u. keine politische Partei, die es nicht offen ausspricht, daß unsere politischen Mißerfolge während des Krieges im schärfsten Widerspruch zu unsern militärischen Erfolgen stehen. Es ist deshalb auch überflüßig, die Verlustposten unseres politischen Schuldkontos im einzelnen aufzuzählen. Sie reichen von dem unvergeßlichen Schuldbekenntnis gegen Belgien ganz am Anfang des Krieges bis zu den bösen amerikanischen Erfahrungen in ununterbrochener Reihenfolge bis in die letzte Zeit. Es ist auch
 
eine allgemeine Ueberzeugung, daß das politische Schuldbekenntnis nicht erst mit dem Anfang des Weltkrieges eröffnet werden kann. Es reicht weiter zurück in die letzten Jahre vor dem Kriege. Und alles, was wir an diplomatischem u. politischem Zusammenbruch während des Krieges erlebt haben, ist schließlich nichts weiter gewesen als die unerbittliche Folge der Mißgriffe vor dem Weltkriege. Die politische Verantwortung für diese folgenschwere Vergangenheit ruht auf der Person des Herrn v. Bethmann-Hollweg. Wenn also v. Bethmann geht u. Dr. Michaelis kommt, so darf man sagen, daß nicht die Person wechselt, sondern vor allen Dingen das System. Wir werden im obersten Reichsamt von nun an festen Willen, Energie und Entschlußkraft haben. In diesem Zeichen geht die politische Krisis hoffentlich einem glücklichen Ende entgegen.“ – Das ist unser aller Wunsch! – Ein Urlaubsgesuch für Walter, der seit 10 Monaten noch keinen Urlaub hatte, ließ ich heute abgehen. – Mit dem Düsseldorfer Geschichtsverein beabsichtige ich, heute Nachmittag zu Schiff nach Orsoy zu fahren, um einmal eine kleine Ablenkung aus der so drückenden Luft zu finden. Ist es mir doch manchmal, als läge ein dicker Strick mir um den Hals, der ab und zu weniger fest und dann wieder ganz stark, fast bis zum Ersticken, von geheimnisvoller Hand zugezogen würde. –

[Artikel „Feuerkampf im Westen.“ / Artikel „Dampfer mit 67 Flugzeugen versenkt.“ / Artikel „Erfolgreiche Flugzeug-Angriffe auf russische Stützpunkte.“ / Artikel „Beschießung eines nordafrikanischen Hafens durch ein Tauchboot.“]

[Karikatur „Der Lebensmittelwucherer“ / Humoristischer Text „Genf“]

[Grafik und Gedicht „Vergessene Lieder“]

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[Karikatur „Das vergewaltigte Rußland“]