Stadtarchiv Solingen, Bergische Arbeiterstimme 3. August 1916

Über die aktuelle Frühkartoffelschwemme und ein Vergleich der Gemüse-Höchstpreise zwischen dem Stadt- und dem Landkreis Solingen

                        Vom Wochenmarkt.
   Die Zufuhr von Gemüse und Obst auf dem heutigen Markte
war gering. Die Einrichtung von Wochenmärkten in den Nach-
barstädten kann die Ursache dieser Erscheinung nicht sein, da für
sie die Höchstpreise gelten, die der Landrat für den Landkreis
festgesetzt hat. Diese Preise sind aber so erheblich niedriger als
bei uns, daß die Bauern ein großes Interesse haben müßten,
gerade den Solinger Markt zu besuchen. Um einige Beispiele
herauszugreifen: Der Kleinhandelspreis für den Kreis beträgt
bei Rotkohl 10 bis 11 Pf[enni]g für das Pfund, bei uns kostet heute
ein Pfund 20 Pf[enni]g, bei Erbsen im Landkreise 23 bis 25 Pf[enni]g,
in Solingen 30, 35 und 40 Pf[enni]g für das Pfund. So ist das
Verhältnis bei fast allen Marktartikeln. Die neue Art von
Kartoffelnot, daß heißt der augenblickliche Ueberfluß an Erd-
knollen, hat allerlei üble Erscheinungen gezeitigt. Vielfach sind
die neuen Kartoffeln, deren Haltbarkeit nur gering ist, ver-
brannt und fangen an zu faulen. Die echte Sparsamkeit würde
also gebieten, jetzt den Preis für diese Kartoffeln so niedrig zu
setzen, daß sie in größeren Mengen konsumiert würden. Dadurch
würde an anderen Nahrungsmitteln gespart. Vielleicht würde
dadurch auch ein Druck auf die übermäßig hohen Gemüsepreise
ausgeübt. In einigen Großstädten sind die Verwaltungen schon
dazu übergegangen. In Hamburg z. B. werden seit Montag
die Kartoffeln in beliebigen Mengen abgegeben und kosten das
Pfund 6 Pf[enni]g. Wir zahlen aber für das Pfund noch den sünd-
haft hohen Preis von 10 Pf[enni]g, trotzdem wir gerade in Früh-
kartoffeln schwimmen!