Stadtarchiv Solingen, Bergische Arbeiterstimme 15. Januar 1916
Seit Höchstpreise für das Leder von Sohlen verfügt worden sind, ist kein Sohlleder mehr zu erhalten.
Solingen. Das Sohlleder wird knapp! Es
ist das alte Lied! Wenn für irgendein Lebensmittel oder Ge-
brauchsgegenstand ein Höchstpreis festgesetzt wird, dann ver-
schwinden die Warenvorräte in einer Versenkung und es ist
[ist] nichts mehr da. So geht es jetzt auch mit dem Sohlleder.
Bis zum 1. Dezemer v[origen] J[ahres] war der Preis für ein Pfund Sohl-
leder, das vor dem Kriege 2,70 bis 3,00 Mark kostete, durch
Spekulanten glücklich auf 7,50 bis 8 Mark getrieben worden.
Da setzte die Regierung den Höchstpreis auf 6,60 M[ar]k für das
Pfund fest. Der Lederfabrikant sollte 6 Mark erhalten. Der
Großhändler darf 3 Prozent und der Kleinhändler 7 Prozent
Verdienst aufschlagen. Die Großhändler erklären, daß sie
unter diesen Umständen „kein Interesse“ mehr am Lederhandel
hätten und so ist denn jetzt die Tatsache zu verzeichnen,daß
man in Solingen für Geld und gute Worte kein Sohlleder
mehr bekommen kann. Ein hiesiger Lederhändler ist vor einigen
Tagen nach Düsseldorf gefahren, um einen größeren Posten
Leder gegen Kasse zu kaufen. Der Mann musste sein Geld in
der Tasche behalten, – es war kein Leder zu haben! Die
Heeresverwaltung ist insofern besser daran, als sie bei Friedens-
leder um 10 Prozent über den Höchstpreis hinausgehen kann.
Wenn das so weiter geht, werden wir uns schließlich auf der
Straße nur noch in „Blotschen“ begegnen.
OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
Stadtarchiv Solingen (15. Januar 2016). 15. Januar 1916. 1914-1918: Ein rheinisches Tagebuch. Abgerufen am 7. Februar 2025 von https://doi.org/10.58079/cooq