8. Dezember 1915

08121915Aufruf

Kreisarchiv Euskirchen, Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden und Umgegend (Amtliches Kreisblatt) vom 08. Dezember 1915

Aufruf an die Landwirte über die Abgabe von Kartoffeln

Aufruf!
An die Landwirte des Kreises Schleiden!
Trotzdem in diesem Jahre eine reiche und gute Kartoffel-

ernte nach Hause gebracht worden ist, klagen die verschiedensten
Behörden anderer Gemeinden, denen im Kreise Schleiden der
Kartoffelankauf zugewiesen ist darüber, daß Landwirte im Kreise
Schleiden die Kartoffeln zurückhalten, obschon sie weit über ihren
Bedarf mit Kartoffeln noch versehen sind. Es ist dieses auch in
einigen Teilen des Kreises von mir durch Vertrauensleute leider
festgestellt worden. Sodann ist neuerdings in den letzten Tagen
durch eine Aufnahme der Kartoffeln auf Befehl des Herrn stell-
vertretenden Kommandierenden Generals dieses festgestellt, zugleich
aber die irrige Ansicht aufgetaucht, daß nach dem Maßstabe,
welcher hierbei angelegt worden ist, die Besitzer von Kartoffeln
solche zurückhalten könnten. Falls, was ich nicht erwarte, an
mich die Notwendigkeit herantritt, Kartoffeln zu enteignen, so können
die Besitzer von überflüssigen Kartoffeln gewiß sein, daß ich nicht
nach diesem Maßstabe verfahren werde, sondern nach der ganzen
Strenge des Gesetzes. Auch ist der Glaube ein durchaus irriger,
daß der Preis der Kartoffeln später noch heraufgehen werde.

Abgesehen davon, daß der Preis von 3,05 für den Zentner gewöhn-
liche Speisekartoffeln als ein durchaus genügender Preis anzusehen
ist, ist eine Erhöhung des Kartoffelpreises in vorgerückter Zeit
vollständig ausgeschlossen. Ich werde auch mit sämtlichen mir
zu Gebote stehenden Mitteln feststellen lassen, ob dieser Höchstpreis
irgendwo überschritten wird, und werde diejenigen, welche den
Preis überschreiten, unnachsichtlich dem Gesetz überliefern.
Landwirte des Kreises Schleiden!
Ich richte nochmals an alle die dringliche Aufforderung,

sämtliche überflüssigen Kartoffeln den bedürftigen Gemeinden
außerhalb des Kreises, die mit meiner Erlaubnis hier Kartoffeln
ankaufen dürfen, solche jetzt sofort zur Verfügung zu stellen. Das
Zurückhalten von Kartoffeln ist angesichts der Bedürftigkeit weiter
städtischer Kreise ein unpatriotisches, in der Zeit der großen Not
des Vaterlandes durchaus verwerfliches Verhalten. Außerdem
laufen diejenigen, welche die Kartoffeln zurückhalten, nicht nur
Gefahr, daß sie solche später überhaupt nicht mehr loswerden
und daß dadurch vielleicht großes Nationalgut verloren geht, auf
der anderen Seite werden Ihnen die Kartoffeln gerade zuerst
enteignet werden. Ich hoffe daher und spreche die Erwartung
aus, daß ich nicht im Kreise Schleiden zur Enteignung schreiten muß.
Schleiden, den 6. Dezember 1915.
Dr. Kreuzberg,
Königlicher Landrat.


OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
Kreisarchiv Euskirchen (8. Dezember 2015). 8. Dezember 1915. 1914-1918: Ein rheinisches Tagebuch. Abgerufen am 15. März 2025 von https://doi.org/10.58079/cogf


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