Stadtarchiv Solingen, Bergische Arbeiterstimme 12. August 1915
Patenschaft und Aufbau-Hilfe für den Kreis Marggrabowa in Ostpreußen
Eine Sitzung des Kreistages
war gestern nachmittag im Kreishause in Opladen.
Zunächst kommt zur Verhandlung der zweite Punkt der
Tagesordnung: Hilfe für den Kreis Marggrabowa und Bewilli-
gung der Mittel. Herr Landrat Dr. Lucas verbreitete sich
über die Schicksale des östlichen Teiles von Ostpreußen und
wies darauf hin, daß gerade wir als Grenzprovinz die Ver-
pflichtung fühlen sollten, zur Wiederherstellung der Ostmark
beizutragen. Außerdem hofft der Landrat, daß diese Hilfs-
aktion den Osten und den Westen einander näher bringen
werde. Selbstverständlich ist in erster Linie der Staat berufen,
Hilfe zu leisten. Aber es ist da so vieles zu tun, das der Staat
nicht übernehmen kann. Dazu soll die Patenschaft für die ver-
nichteten ostpreußischen Kreise helfen. Für die Verteilung oder
Verwendung wird eine besondere Korporation geschaffen werden
müssen.
Genosse Großberndt: Ich stimme der Vorlage zu.
Wir müssen die schweren Schäden zu mildern suchen. Ich
finde aber in den Unterlagen Aeußerungen, mit denen wir uns
nicht einverstanden erklären können. So heißt es da,
daß die Leute, die zu unterstützen sein sollen, 10 Prozent mit-
bringen müssen. Wir wünschen aber, daß alle Geschä-
digten unterstützt werden sollen, ja, wir stehen gerade
auf dem Standpunkte, daß denen, die nicht einmal 10 Prozent
mehr haben, in erster Linie geholfen werden muß.
Der Landrat führt aus, daß diese Anforderung von einer
Ansiedelungsgesellschaft ausgehe. Es gehe nun
nicht an, daß man Leute ohne jegliche Vorraussetzungen an-
siedeln könne.
Genosse Freund ist auch der Meinung, daß die Kriegs-
geschädigten Ostpreußens von dieser Bestimmung ge-
troffen werden sollen.
Die Vorlage wird angenommen.
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Stadtarchiv Solingen (12. August 2015). 12. August 1915. 1914-1918: Ein rheinisches Tagebuch. Abgerufen am 8. Februar 2025 von https://doi.org/10.58079/cnw6