Stadtarchiv Düsseldorf, “Tagebuch Willy Spatz” 1914-1919. 0-1-23-51.0000

Alle Scans zum Tagebucheintrag vom 20. Dezember 1915

Willy Spatz (1861-1931) war Professor an der Kunstakademie Düsseldorf.

Montag, den 20. Dezember

[Artikel „Der deutsche amtliche Bericht.“ / Artikel „Der Wiener amtliche Bericht.“ / Artikel „Die amtliche Wiener Kriegsdepesche.“]

Die Morgenpost brachte uns zu unserer größten Freude wieder eine Karte von Paul, geschrieben am 7. (!) Dezember, abgestempelt am 10. Dez., auf der er uns Folgendes mitteilt: „Im Unterstand, den 7. Dez.15; ½ 5 abds. Liebe Eltern! Mit Hans sitze ich hier in dem oft erwähnten Unterstand in einer Dünung und gedenke eurer. Es ist scheußliches Wetter draußen, denn es regnet auf den Schnee. Neben uns ist das Maschinengewehr, welches seine verderbenspeiende Mündung genau mit unserer Scheinwerfer-Achse gerichtet hat. Neben mir stehen die Stielgranaten, die ich soeben beim Kompagnieführer geholt habe. Es

sind dieses ganz ungemein gefährliche Dinger; wo eine solche platzt, da bleibt nichts mehr stehen. Fußspuren im Schnee weisen darauf hin, daß gestern Nacht eine feindliche Patrouille nicht weit von unserm Drahtverhau war, und dies war der Mann, den ich auf der vorherigen Karte erwähnte. Lebt nun wohl liebe Eltern und bin ich mit vielen herz. Grüssen bis auf Wiedersehen euer treuer Paul.“
Die etwas verspätet angekommene Karte veranlaßt mich, folgende Zusammenstellung zu machen, erklärt aber auch zugleich das Ausbleiben unserer Pakete an ihn.
Geschrieben von Paul; Stempel; Empfang
2. Dez. 6. Dez. 11. Dez.
Karte 7. „ 10. „ 17. „
Karte 8. „ (v. H. Schmitz, von Paul 11. „ 18. „
mit Gruß unterzeichnet)
„ 7. „ 10. „ 20. „

Seine letzte Karte also, obgleich einen Tag früher geschrieben und abgestempelt, erhielten wir 2 Tage später, wie die vorletzte. Wir haben demnach, wie Paul selbst, mit allerlei Unregelmäßigkeiten zu rechnen. – Im Malkasten erzählt Herr Kommerzienrat Jung aus Dillburg, der hier einige Wochen zur Abnahme von Kriegslieferungen durch die hiesige Industrie weilen wird, und der Amerika gründlich kennt, daß es nicht ausgeschlossen sei, daß die Vereinigten Staaten auch noch uns den Krieg erklären könnten. Freilich, ein Bürgerkrieg dort könnte die Folge sein, denn es leben 21 Millionen Deutsche in den Vereinigten Staaten. Eine ihrer Hauptabsichten sei es, die deutschen Schiffe mit Beschlag zu belegen, deren eine sehr große Zahl in den amerikanischen Häfen ankern. Jedoch der größte Teil der Kosten zum Bau dieser transatlantischen Schiffe sei nicht von den Deutschem, sondern von den amerikanischem Gelde bestritten worden – Im Anschluß daran durchlasen wir eine kurze Abhandlung aus dem Abendblatt einer Zeitung, der ich einiges entnehmen möchte: „Man glaube ja nicht“, so schreibt Joseph A. V. Stritzko, „daß irgendwelche Sentimentalität in der wohlwollenden

Haltung Nordamerikas zugunsten Englands, Frankreichs, Rußlands und Italiens vorhanden sei. Yankees haben ja überhaupt kein Gefühl, suchen auch keines, wollen keines: ihr Endziel ist allemal u. allerorten doch nur der Dollar. Diesen zu haschen, zu greifen, zu fassen ist ihr ausschließliches Wollen u, leider auch, ihr Können. Die Wilson u. sonstigen Morgan-Unterarten, die in „Gods own country“ despotischer regieren, als sämtliche Nicola-etcetra-witsche es in Rußland tun, die scheren sich keinen blauen Teufel um die Engländer, Franzosen, Russen, Italiener; sie lieben niemanden, nur die Geldkatze; sie hassen auch niemanden, weil das Hassen nichts einbringt. Aber die Ententemächte kaufen amerikanisches Kriegsmaterial, Geteide u. dergleichen und dessentwegen allein werden sie von den Dollarprinzen geliebt. Und weil die Deutschen, Oesterreicher, Ungarn, Bulgaren, Türken, weder Lust noch Gelegenheit haben, ihr gutes Geld den amerikanischen Milliardären in den Rachen zu werfen, so werden sie entsprechend gehaßt. Das ist die einfache, aber wahrheitsgemäße Darstellung der Haltung Amerikas.
Der Krieg, der jetzt unsere alte Welt bis ins innerste Knochenmark erschüttert–, der die Ouvertüre zu dem großen Lichtspiel ist, das nach Friedensschluß rauschend in Szene gesetzt werden wird –, das kann nicht, wird nicht ewig dauern. Sobald es zu Ende sein wird –, zu Ende mit einem vorherzusehenden Erfolg deutscher Macht u. Kraft – ist der wirtschaftliche Kampf mit den Amerikanern aufzunehmen. zu diesem Riesenkampfe müssen die beiden europäischen Zentralmächte gerüstet sein, bewahrt mit allen den ökonomischen Waffen, die deutsche Kultur, deutscher Wille, deutscher Fleiß, deutsche Intelligenz schmieden und schweißen kann – Aufgewacht Deutschland! Halte deine Strandwächter munter! Sei stark in Deinem Mut!“ – Eigenartige Gesichtspunkte entwickelte hier der Verfasser, zum Teil uns völlig neue“ –

[Karikatur „Russischer Winter.“ / Karikatur „Calais.“]

[Humoristischer Text „Italien in Not“ / Gedicht „Das >verwurstete< Schwein“ / Gedicht „An Hellas“ / Humoristischer Text „Zu Weihnachten zeigt sich recht […]“ / Humoristischer Text „Selbstlos“ / Humoristischer Text ,,>Birshewija Wjedomsti< klagt über […]“]

[Karikatur „Die Lügenfabrik.“]

[Karikatur „Simmel-surium.“ / Karikatur „ >Pfui Deibel, hier ist […]<“ / Karikatur „>Die knallen ja bloß […]<“ / Karikatur „ Auch du, Nikita!“]

[Karikatur „Das Glück der Analphabeten“]

[Karikatur „Zeitgemäß“ / Gedicht „Die deutsche Botschaft“ / Humoristischer Text „Selbsterkenntnis“ / Humoristischer Text ,,Wie die >Gazette de Lausanne< […]“ / Humoristischer Text ,,Auf einem Kongreß […]“ / Gedicht „Bitte eines Zeitgenossen“]

[Karikatur „Treffend.“]

[Karikatur „Jubiläum“]

[Lagen 1236-1270 fehlen.]

1271.
[Grafik ohne Titel]