Stadtarchiv Düsseldorf, “Tagebuch Willy Spatz” 1914-1919. 0-1-23-48.0000
Alle Scans zum Tagebucheintrag vom 23. April 1915
Willy Spatz (1861-1931) war Professor an der Kunstakademie Düsseldorf.
Freitag, den 23. April.
Schon am Dienstag Abend, bei unserer Rückkehr von Schloß Burg, schien ein Umschlag des Wetters bevorzustehen. Am Mittwoch trat dieser Umschlag ein, der Himmel überzog sich ganz, nur selten brach einmal die Sonne durch u. heute bei dem Nordostwind ist es wieder ganz kalt geworden. Wie oft am Tage tragen uns unsere Erinnerungen in die kurze sonnige Zeit, die wir auf Schloß Burg erlebten, wie oft erinnern wir uns gegenseitig an dies und jenes Erlebte, aus dem ich noch einiges festhalten möchte. Zunächst will ich noch einen zweiten Spruch wiedergeben, der gegen die Verseuchung der Wupper gerichtet ist und den ich auf einer Sammelbüchse im Solinger
Bahnhofswartesaal fand; er lautete:
„Dem Land zur Schmach, dem Recht zum Hohn
Verseucht die Wupper berg’sche Gauen!
Drum hilf im Kampf, bis wir zum Lohn
Statt stink’ger Brühe „Wasser“ schaun!“
Der Wunsch ist nur zu berechtigt u. warfen auch wir in die schon schwer angefüllte Büchse unseren Beitrag.
Als wir nach unserem Ausflug zum „Alten Hammer“ abends im kleinen Kreise saßen u. ich dort erzählte, daß die Wirtsfrau vom „Alten Hammer“, obschon sie wenigstens 35 Jahre da lebte, noch nicht in dem 20 Minuten von ihr entfernt liegenden Sellscheidt gewesen sei, sagte einer der Umsitzenden: „Das ist noch gar nichts, ich kenne in Köln eine steinalte Frau, die hat noch nie den Kölner Dom gesehen.“ Das kam uns nun doch zu unglaublich vor; unseren Zweifel aber vertrieb der Erzähler, indem er erklärte: „Die Frau ist blind zur Welt gekommen.“ – Nun wusste jeder noch etwas aus dem Bergischen Land, das durch seine Kraftflüche bekannt ist. So ein Berg’scher „Dunnerkiel“ kam vor einigen Tagen zum Urlaub von der Front und wurde von seinen Eltern an der Bahn abgeholt.
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In der Freude des ersten, glücklichen Wiedersehens, nach so langer Trennung, fand er nur die Worte: „O Vader! O Muder! o Dunnerkiel!!!“ Jedenfalls fand er das letzte Wort „Dunnerkiel“ in Verbindung mit den ewig hochklingenden Worten „Vater u. Mutter“ höchst angebracht, ja völlig selbstverständlich –
Noch ein kleines „Stückelchen“ aus jenem fröhlichen Abendkreis möchte ich festhalten, das ein treffliches Zeugnis für den Bergischen Humor ablegt. Die Bergischen Mädchen sind, wie das ganze Volk dort, von festen, derben u. kräftigen Schlag. Ein solches gesundes Mädchen hatte unlängst ein junger Mann als Weib heimgeführt. Sein Freund rühmt ihm die Festigkeit der jungen Frau mit den Worten: „Da hast Du aber n gut Bröckske kregen.“ Stolz wirft sich der junge Ehemann in die Brust und entgegnet, verschmizt lächelnd: „Da hast Du Recht, mein Frau ist wie n lecker Suppestückelche ohne Knoche“ – Selbst in tragischen Augenblicken verleugnet sich der echte „Bergische“ nicht. Es war in Frankreich; im Sturmangriff geht’s auf die Franzosen, zwei Bergische Jungens stehen Schulter an Schulter. Eine mörderische Kugel durchbohrt des einen Brust, zu Tode getroffen sinkt er nieder. Seine letzten u. einzigen Worte gingen an seinen Bergischen Kameraden u. lauteten: „Willem, do hann ich mei’ Fett“ –
[Artikel „Der amtliche Tagesbericht.“ / Artikel „Deutsche Kreuzfahrten in der Nordsee.“]
[Karikatur „Paris in Ängsten.“]
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[Karikatur und Gedicht „Grey und der Rabe.“ / Grafik und Gedicht „Przemysl.“ /
„Konjunktur“]
[Karikatur „Wenn Buddha erwacht“]
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[Karikatur „Deputation” / Gedicht “Monumenta Britanniae” / Humoristischer Text „Scherzfrage“ / Gedicht „In memoriam“]
[Karikatur „Die russischen Massenopfer“]
580.
[Karikatur „Das Volk in Waffen“]
[Karikaturenserie „Grey besucht Frankreich“]
[Karikatur „Das requirierte Auto.“ / Karikatur „Bei der Wahrsagerin Madame de Thèbes.“ / Karikatur „Abschied“]
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Stadtarchiv Düsseldorf (23. April 2015). 23. April 1915. 1914-1918: Ein rheinisches Tagebuch. Abgerufen am 11. November 2025 von https://doi.org/10.58079/cn2d
